Montag, 10. März 2014

Reif für die Insel...

9./10. März AD 2014

Es ist wieder Zeit, die Nase in den Wind zu stecken.
Sarah ist schon nach Rügen abgefahren, und wir haben uns dort verabredet. Der Ort hat den heimeligen Namen «Juliusruh». Der Name sollte sich, oberflächlich gesehen, als unwahr herausstellen, denn ruhig ist es dort nie. Immer rauscht das Meer, was wunderschön ist, und uns andererseits auch sehr beruhigt. So gesehen stimmt der Name eben doch.
Die Auswahl an Stellplätzen ist gross, und wir fanden einen vielversprechenden Campingplatz ganz nahe beim Julius und seiner Ruh im Stellplatzführer.
Es ist ein Sonnensonntag und wir sind wieder «on the road». Autobahn nach Lübeck, dann Richtung Stralsund [bekannt durch Mord- und andere Kriminalfälle].
Immer wieder begegnen wir den «Güggels», dem Landgeflügel auf Küchenfahrt. [Einen Gruß an MaGü...]


Frau Dose [unser Navi] hat einen Stau entdeckt und leitet uns über Land auf Alleen und kleine Dorfstrassen. Die Biker hat das Sonntagswetter ebenfalls rausgelockt.


Wir nähern uns der Insel. Letzte Ausfahrt bevor es auf die grosse Brücke zur Insel Rügen geht.


Die Brücke führt uns über zwei Kilometer lang über die Ostsee, vorbei am Hafen von Stralsund. Der Werftname erinnert noch an die ehemaligen DDR-Bezeichnungen. Da hieß alles VEB [Volkseigener Betrieb].



Es ist fast geschafft. Der Seewind ist hier recht spürbar und kommt zum Glück nicht direkt von der Seite.


Die Insel ist teilweise hügelig. Die Bauweise der Kirchen war gedrungen und die Türme hatten früher eher die Funktion von Wehrtürmen als von Glockentürmen.


Gegen fünf Uhr erreichen wir unseren Platz, und er ist schöner, als wir es uns vorgestellt hatten. Wir können direkt am Meer stehen. Nur ein wenig Steilküste trennt uns vom Wasser.


Die Abendsonne lädt zu einem kleinen Hock ein. Das erste Mal können wir unsere Campingstühle benutzen. Da gibt es dann natürlich ein gemütliches Feierabendbier, Flensburger Pils aus der althergebrachten Bügelflasche... Ein bisschen Tradition muss sein.


Am nächsten Morgen sind wir früh wach. Die Dämmerung weicht einem wunderschönen Sonnenaufgang, den wir nicht verschlafen wollen. Eine kleine Treppe neben unserem Platz führt an den Strand.


Es gibt sogar einen Sitzt für die Bay-Watchers - um diese Jahreszeit allerdings verwaist.








...und auch «Pflegerin Petra» genießt das Morgenrot - sie hat vor lauter Begeisterung ihre Schuhe vergessen...


Die Sonne steht jetzt schon hoch genug, um eine angenehme Wärme zu verbreiten. Es ist Zeit, dem Meer zu zuhören, den Möwen beim Flug zu zusehen, und den Schwan zu begrüssen, der hier an unserer Küste paddelt. Also dann, moin moin und bis neulich....

Donnerstag, 6. März 2014

Hamburger Stadtbummel

Mittwoch, den 5. März A.D. 2014

Besuch von Tochter Sarah. Da ist Stadtbummel angesagt. Die Sonne lacht uns entgegen und wir fahren mit der U-Bahn bis zum Hauptbahnhof, gehen am Schauspielhaus vorbei in Richtung Wasser.

Schauspielhaus Hamburg

Da lockt zuerst die Alster. Es zieht uns an bekannte Orte.
Wir entschliessen uns für eine Alsterrundfahrt.


Das gab es damals in den Kindertagen als besonderen Ausflug. Da erschien alles noch viel grösser und spektakulärer. Aber so bei diesem Wetter ist es auch heute noch ein Genuss, besonders wenn man nur selten in der Stadt ist. Ein zentraler Blick in die Runde vom Wasser aus.
Wir treffen Fußgänger verschiedenster Art. Solche, die keine Habe mit sich herum tragen...


...und solche, die nicht ganz ohne Habe auskommen, besonders, wenn es kalt ist. Man sieht viele Menschen in Hamburg, die sich keine normale Bleibe mehr leisten können. Es Hartzt....


Andere können sich was leisten, wie dieser Münchner, der mit seinem All-Electric-Auto nach Hamburg kam. Es funktioniert. Tesla macht's möglich. [dank Nikola Tesla...]

Tesla Electric Car

Zuerst noch einen Café im Balzac und dann an den Jungfernstieg auf's Alsterschiff.
An Bord ist, außer dem Kapitän, auch «He lücht» [«er lügt»], der so manche Doentjes erzählt.

Alsterrundfahrt

Er begrüßt uns an Bord mit der Einweisung in die Gegebenheiten des Schiffes. So hätten wir die kleinste Universität an Bord, achtern an backbord: «Do geist du as Schietbüddel rin, un komms as Geleerter wedder rut.»
Und auf geht es zuerst unter der Lombardsbrücke und der Kennedybrücke hindurch in die Außenalster. Zwischen beiden Brücken am Ufer zeltet ein Obdachloser. Er ist ein bekanntes Original und man begrüßt sich bei Durchfahrt immer gegenseitig mit lächelnder Freundlichkeit.

Hamburg Alsterpark

Parks, Botschaften und Villen säumen die Ufer, und es ist immer noch, wie in den Kindertagen. Im Rondeelteich am oberen Zipfel der Außenalster kommen wir am Haus von Hans Albers [«Auf der Reeperbahn Nachts um halb eins...» «La Paloma»] vorbei.
Geändert haben sich heute nur die Preise, Eintrittspreise, Grundstückspreise - exponentiell - und einige wenige Grand Hotels, die es noch nicht gab, und andere, die es nicht mehr gibt. Und natürlich der Fernsehturm, den gab es damals noch nicht. Man darf aber heute auch nicht da rauf, denn er ist asbestverseucht.
Wir passieren Harvestehude mit dem In-Café «Alster Cliff», wo man hingeht, um zu sehen und gesehen zu werden. Man nenne es darum: «Café Wichtig».

Hamburg Alsterpark Restaurant Cliff


Nach so viel Alster hat Sarah Lust auf Elbewasser. Also geht es am Rathaus vorbei Richtung Rödingsmarkt...

Hamburg Rathaus

...vorbei am Hotel Steigenberger, in dem ein paar Kollegen mal ein glitzerndes Wochenende verbracht haben, an das Nikolaifleet zum Haus der Bretagne «Ti Breizh»...

Hamburg Ti Breizh

...wo es wunderbare Crêpe bretonne gibt.

Hamburg Ti Breizh

Hamburg Ti Breizh

Es war herrlich - Kenavo ar wech all!

Hamburg Ti Breizh

In diesem historischen Teil der alten Deichstraße gibt es sogar noch einen«Kolonialwaren Laden»


Noch ein Blick zum Nikolaifleet hinter den Häusern mit ihren Erkern, Balkonen, Pontons...

Hamburg Nikolai Fleet

Hamburg Nikolai Fleet

...vorsichtig am offenbar schlüpfrigen Matjes vorbei...

Hamburg Nikolai Fleet

...und um den Kartoffelkeller für Bodenständige herum [obwohl es unter diesem Boden ganz viel Wasser gibt]...


...in die Speicherstadt. Hinten sieht man die Polizeiwache der TV-Serie «Notruf Hafenkante».

Hamburg Speicherstadt

Die Sonne findet, sie habe nun langsam genug geschienen, und sucht sich schon mal ihre nächtliche Wolkendecke zusammen.

Hamburg Speicherstadt

Hamburg ist die Stadt der Liebe. Das sieht man an diesen vielen Liebes-Schlössern. Ob nun die Liebe an einem Schloss wohlbehalten ist, oder ob sie lebendiger ein bisschen Elbabwärts in St. Pauli, kurz, unverbindlich und teuer für freie Freier ihre Blüten treibt, oder irgendwo zwischendrin, oder vielleicht doch ganz anders, das wollen wir hier mal offen lassen, ganz nach dem alten Hamburger Spruch: «Jeden nach sein'n Schaköng

Hamburg Speicherstadt

Die Elbphilharmonie jedenfalls ist immer noch eine Baustelle. Viel Harmonie hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Dass Musiker ständig üben müssen, das war mit bekannt [nicht zuletzt aus eigener Erfahrung...]. Aber das Architekten an so einem Bau auch ständig üben müssen, das hätte ich nicht gedacht. Man lernt eben nie aus...

Hamburg Speicherstadt Elbphilharmonie

Hamburg Speicherstadt Elbphilharmonie

Damit beschliessen wir, unserem Bummel ein Ende zu setzen, der Sonne ihre Ruhe zu gönnen - und uns auch....

Samstag, 1. März 2014

Aufbruch zur «grauen Stadt am Meer»

Donnerstag, den 27. Februar A.D. 2014

Wieder ein sonniges Erwachen. Schon der dritte Sonnentag erwartet uns. So schön es auch war in Sankt Peter Ording, es zieht uns weiter, wir wollen zum Stellplatz Simonsberg bei Husum.
Lichtübergossene schmale Strasse, flache Wiesen, gräbendurchzogen, ein schwach wahrnehmbarer Horizont in unendlicher Ferne. Kaum trifft man einen Menschen oder ein Fahrzeug. Selten ein Haus am Rande, dann wieder unbehinderte Weite, ab und zu einige Schafe wie zur Dekoration aufgestellt, damit die Landschaft nicht so leer erscheint.



Wir fahren an einem Sod vorbei. Ein Fischreiher fliegt auf, der hier wohl keinen Fisch gefangen hat.


Mehrmals passieren wir den Deich durch Flut-Tore, durch die die Strasse geführt wurde. Bei Hochwasser werden sie geschlossen, dann hört die Strasse hier auf und es gibt nur noch den Rückwärtsgang.


Heut ist alles gut. Wunderbares Wetter und die satte Brise ist normal.
Wir kommen am grossen Hauptdeich vorbei und halten auf der Landseite.


Eine Deichbesteigung eröffnet den schier unendlichen Blick über das Wattenmeer.





Alles wirkt fast momochrom, ausser, wenn wie heute die Sonne so überschwänglich scheint. Gegen den Horizont lässt sich ein Schiff erahnen, ein lichter Schemen, dessen Wirklichkeit unsicher ist. Diese Unsicherheit wird dadurch verstärkt, daß keine Bewegung wahrnehmbar ist. Auf dem Foto war das Schiff dann auch unsichtbar.
Für ein paar Tage steht alles im Gegensatz zu dem Bilde, das uns der Dichter aus Husum, Theodor Storm gezeichnet hat
Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.
Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn' Unterlass;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.
[Theodor Storm,  1852]

Der Wind ist, wie immer hier, frisch und stetig. Wir halten es mit dem Wind und ziehen weiter.
Der Weg führt durch einen Ort mit dem romantischen Namen Kotzenbüll. Es ist ein Ort ohne Häuser. Wer noch kein Haus hat, der baut auch hier wohl keines mehr. Ob es je ein Mensch versuchte, ist uns nicht überliefert. Dann kommt uns der Wegweiser: Simonsberg entgegen.



Die «Diekstraat» (Deichstraße) gibt es hier überall.
Ein Abzweig, die Rampe über den Deich, und landeinwärts wieder herunter, schon sind wir auf dem Stellplatz. Alles ist riesengroß, kein Mensch, kein Wohnmobil weit und breit und wir lassen das Umfeld mal auf uns wirken. Auswahl des Standplatzes ohne Ende, sauber einparken und die Rezeption suchen. Dort soll man sich anmelden.
Auf dem Weg zur Rezeption kommt uns ein riesengroßer Mann in knallrotem Pullover entgegen. So etwa hatte ich mir einen Wikinger vorgestellt. Er war allerdings ohne Helm und Schwert. Vielleicht ein sesshaft gewordener Nachfahre? Er geht auf uns zu und ruft zu uns herüber:
«Na, wollt ihr einfach mal gucken?»
Er macht doch einen eher friedlichen Eindruck. «Nee, wir wollten hier mal 'n bisschen bleiben und übernachten.» Die Antwort war klar: «Hier ist aber noch zu!»
Wenn's auch nicht so aussah, wir mußten das wohl oder über akzeptieren. Er gab uns die Empfehlung zum Lilienhof. Der Platz mit dem schönen Namen habe geöffnet. Ganz in der Nähe, nur etwa 22 km. Sonst sei in weiterem Umkreis und nach Norden sowieso noch alles zu. Na gut, also weiter, auf zum Lilienhof nach Tönning an der Eider, nahe dem Eidersperrwerk, an dem wir anfangs schon vorbei kamen. Die «graue Stadt am Meer» musste auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Der Platz ist groß mit altem Baumbestand. Verstreut stehen hier und da einige alte Wohnwagen herum. Man sieht, daß hier lange niemand aufgeräumt hat. Kein Mensch weit und breit. Dafür ein großer schwarzer Hund, der uns schwanzwedelnd entgegen kommt. Ein freundlicher Geselle, verspielt und ganz ohne Gebell. Nach einer Weile, während wir uns durch die angehefteten Texte lesen, um die Modalitäten des Platzes zu erfahren, erscheint die Besitzerin, die uns freundlich begrüsst. Wir seien die einzigen Gäste um diese Zeit, wir könnten stehen, wo wir wollten, Strom sollten wir ablesen, wenn wir ihn brauchten. Wir brauchen keinen, unsere Solaranlage liefert alles notwendige.
Wir stehen zwischen hohen Bäumen, hinten eine verlorene Baumaschine, vorne dämmert ein Sod vor sich hin. Am Himmel gibt es auf einmal Leben, unablässig kreischende Wildgänse in einem riesigen Schwarm kreisen über uns, formieren sich immer wieder neu, nicht ohne jeden Richtungswechsel eingehend und lautstark zu beschnattern. Ein spannendes Spektakel. Den Hund interessiert das nicht. Er scheint nicht viel von der fliegenden Geschwätzigkeit zu halten. Er will spielen, erdgebunden, geworfene Stecken fangen und zurückbringen. Seine Kommunikation ist lautlos, geschieht mit dem Schwanz - wedelnderweise. Rosie will ihn fotografieren, den Hund, aber der ist kamerascheu. Immer, wenn eine Linse auf ihn gerichtet ist, dreht er ab, zeigt höchstens sein Hinterteil oder läuft ganz davon.
Noch eine kleine Fahrradtour in das Dorf Tönning, ein Blick auf die Eider. Der Himmel zieht sich langsam zu. Das Grau will uns wieder einholen.
In der Nacht ziehen schwere Wolken auf, die recht Wasser geladen haben. Es regnet und am Morgen hat sich der Himmel zur Gänze in ein drückendes Dunkel verwandelt. Das Grau ist zurück gekehrt. Wir machen uns zur Rückfahrt bereit.
Noch ein kleiner Abstecher zum «historischen Hafen» in Tönning mit einer Café-Pause im Womo, im «Café On Board», dann legen wir ab. Der Regen zieht mit uns, wir halten Kurs auf Hamburg.




Der Nordostsee-Kanal wird überquert, ein Containerschiff unter uns fährt in die Ostsee.


Es dauert noch eine Weile, bis wir durch Landstrassen und kleine Trabantenstädte die Hamburger Grenze erreichen. Der Regen hat langsam aufgehört. Es ist Nachmittag geworden.
Wir sind erstmal wieder zurück in Hamburg, wettern mal ab, und erwarten Besuch...
Mal schauen, was die Flut bringt....