Die
Frage: »Wer bin ich?« wurde oft gefragt und in der Geschichte viel behandelt.
Und viele, für die diese Frage wichtig wäre, sind daran vorbei gegangen. Und
die Frage »Wer bin ich?« ist zu einem »...Na! Wer bin ich denn...!« verkommen.
Eines morgens erwachte ich mit diesem Satz:
»Der Gast
bin ich!«Wie das schon klingt! Der Ursprung ist unüberhörbar. Man wird erinnert
an die Anmaßung dieses französischen Königs, der sich mit einem wesentlichen
Gestirn unserer Galaxie verwechselte. Sie wissen schon, dieser Sonnenkönig, der
allein »Der Staat« sein wollte. Aber was ist schon ein entsetzlich reicher Mann
mit ein paar Lakaien unter einem hungernden Volk? Ein Staat? Wohl kaum. Ein
Maßstab, ein Vorbild? Noch weniger. Am ehesten ein Irrtum. Von Seiten der Armen
ist der Irrtum heute klar ersichtlich, aus dem Blickwinkel der Reichen ist es
wohl kein Irrtum, sondern eher etwas Erstrebenswertes. Das führt uns zu den
großen, jedoch weniger erhabenen, Irrtümern auf dieser Welt. Sehen wir einmal
von dem soeben zitierten König und seinesgleichen ab, und begeben uns auf die
inzwischen so liebgewonnenen Felder der Demokratie. Schauen wir einmal zwischen
die Zeilen bekannter Phrasen, wie sie heute global herausposaunt werden, und
dem Gerede von Gleichheit und so weiter. Seit der Zeit der frühen Griechen, die
ja für unser Staatswesen so bahnbrechend waren mit der Erfindung der
Demokratie, war der Maßstab, das Vorbild, der ›Primus inter Pares‹. Aber was
ist ein ›Primus‹, der keine ›Pares‹ duldet? Genauer betrachtet, wurden die
›Pares‹ - die Gleichen - schon geduldet, aber... der ›Primus‹ wollte nicht unter Gleichen sein, er war über ihnen.
Das ging ganz schnell. Da konnte es soviel Gleiche geben, wie man will,
Hauptsache, sie sind weit genug unten, und - solange sie Steuern zahlen, je
mehr ›Gleiche‹ desto besser. ›Der Staat bin ich‹ heißt am Ende ›Die Kasse ist
mein‹! Hier bekommt ein Irrtum bereits eine gewisse Durchsichtigkeit. Die Dinge
beim Namen nennen ist immer hilfreich. Ich meine, bei ihrem eigentlichen. Erst
dann kann man, wie Goethe so schön sagt, ›das Wesen aus dem Namen lesen‹. Darum
finde ich die Namen so wichtig, ich meine, die richtigen Namen. Was hat das Ganze nun
mit dem Anfang hier zu tun, mit dem Gast? Es ist die Frage des Blickwinkels, der
sich aus dem Namen ergibt. Gebe ich dem Primus den Namen - und damit auch den Status
- des Gastes, so verändert sich sein Stellenwert gewaltig. Sehe ich die ›Pares‹
ebenfalls als Gäste, so bekommen wir ein total neues Bild. Ich finde diese
Namensgebung sehr treffend.
Das Erscheinen des Menschen auf diesem Planeten
untermauert dieses Bild: Wir erscheinen hier, bleiben ein paar Jahrzehnte, und
gehen wieder: Das Bild des Gastes. Sei auch das Woher und Wohin ungeklärt, das
Szenario des Gastes bleibt. So betrachtet, werden Hierarchien auf einmal
brüchig, Machtverhältnisse geraten in Auflösung. Vielleicht beginnt sich sogar
Macchiavelli ratlos am Kopf zu kratzen... Wie mancher ›Primus‹ wird uns da,
sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart, als ungebetener Gast auffallen. Und wie mancher Gast
hat schon das Buffet geplündert, und all die wunderbaren Lachsbrötchen in
seinem Keller gebunkert, obwohl doch alle hätten davon satt werden können. Ja,
wie es aussieht ist unser Gastgeber, nennen wir ihn einfach einmal ›Erde‹, im laufe
der Menschheitsgeschichte ganz schön strapaziert worden, ganz zu schweigen von
den vielen Gästen, die durch die Drängeleien einiger weniger auf den Platz der Zaungäste verwiesen worden sind. Da ist
es doch nicht verfrüht, nach den vielen Jahrtausenden unserer Geschichte, das
Verhalten der Gäste zu überdenken. Das sei nichts Neues? Das mag sein. Der
Gedanke war schon da. Aber die Umsetzung scheint noch nicht so richtig geklappt
zu haben. Der Gast muß sich seiner klaren Konturen erst wieder bewußt werden.
Hier setzt die entscheidende Frage: »Wer bin ich?« an. Und die Antwort, im
Bewußtsein erwacht, klärt die Konturen: »Der Gast bin ich.«
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